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Interview mit Michael Giacchino

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Gestern Abend war ich zum zweiten Mal in diesem Jahr im KKL in Luzern, wo das 21st Century Symphony Orchestra die Musik zu J.J. Abrams‘ Star Trek parallel zum Film live einspielte. Live to Projection heisst das Konzept, und obwohl ich schon etliche Male an Konzerten dieses Orchesters war, war es meine Premiere dieser Art. Gestern war es auch eine Weltpremiere, denn Michael Giacchinos Musik zum Weltraumreboot wurde noch nie in dieser Art eingespielt. Aus diesem Anlass besuchte Michael Giacchino erneut Luzern, und nahm sich zwischen der Einführung und dem Konzert kurz Zeit für ein Interview mit mir, in dem er über das 21st Century Symphony Orchestra, Star Wars und seine Einflüsse sprach.

Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben für dieses kleine Interview!

Das heutige Konzert von Star Trek Live To Projection ist nicht Ihre erste Zusammenarbeit mit dem 21st Century Symphony Orchestra – Sie waren bereits im vergangenen Jahr zu Gast in Luzern. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Ich habe sie vor einigen Jahren in Spanien, am Úbeda Film Festival getroffen. Sie fragten mich da, ob ich Interesse hätte, nach Luzern zu kommen, wo sie meine Musik spielen würden. Das taten wir dann auch, im vergangenen März. Bei einem Abendessen sagte mir Ludwig, der Dirigent des Orchesters, dass er gerne Star Trek live spielen würde. Ludwig ist ein grossartiger Dirigent und ein toller Kerl. Er liebt nicht nur Filmmusik, sondern erkennt auf, was die Musik für den Film tut. Was er und das 21st Century Symphony Orchestra hier auf die Beine stellen, ist schlichtweg grossartig. So ein Konzert ist echt klasse – man sieht den Film, während ein Orchester die Musik live einspielt. Das haben wir in den Staaten so leider nicht…

Gibt es Pläne für weitere Live to Projection-Konzerte?

Es wäre natürlich schon toll, den neuen Star Trek-Film auch live einzuspielen, aber da müssen wir etwas warten. Im Moment ist noch nichts geplant.

Wo wir von spannender Zusammenarbeit reden: Christopher Ryans Adaptation der LOST-Musik für Solo Piano ist das wohl am meisten gespielte Album auf meinem iPod. Was führte zu diesem Projekt, das Sie ja produziert haben?

Es begann damit, dass mir ein Freund den Link zum YouTube-Video schickte [in dem Chris meine Musik für Klavier arrangiert hat]. Es gibt ja etliche Videos von Fans, die meine Musik spielen, aber das hier war echt gut. Chris hatte ein Händchen für das Arrangement, und was er mit nur einem Keyboard anstellte, das musste ich einfach unterstützen. Ich fand, dass die Fans die Möglichkeit haben sollten, Chris‘ Adaptationen zu besitzen. Also rief ich ihn an – ich hatte ihn zuvor noch nie getroffen – und fragte ihn, ob er Lust hätte, nach Los Angeles zu kommen und das professionell aufzunehmen. Das taten wir dann auch, und er machte einen tollen Job. Mit ihm zu arbeiten war sehr angenehm. Und es freut mich natürlich, dass dir dieses Album gefällt, das wird Chris sicher gerne hören!

Mit ihrem Soundtrack zu Star Trek Into Darkness schreiben Sie für Ihre erste „eigene“ Fortsetzung. War es einfacher, bereits ausgearbeitete Themen wiederaufzunehmen?

Ja, es war sehr viel einfacher. Ich kannte bereits das Grundgerüst, die Charaktere und die ganze Welt, in der der Film spielte, was mir den Zugang erleichterte. Ich konnte direkt mit dem Schreiben beginnen, was dazu führte, dass der ganze Prozess viel leichter voran ging. Anders, als noch beim ersten Teil.

Ihre Musik erinnert mich oft an jene von Komponisten der 80er, wie John Williams oder Jerry Goldsmith. Denken Sie, dass diese einen bleibenden Eindruck hinterliessen?

Das ist schon so. Aber sie schreiben so, wie sie schreiben, während ich wiederum meinen eigenen Stil verfolge. Was wir gemeinsam haben, ist dass wir gerne thematisch komponieren. Ich mochte schon immer Filme, die klare Melodien und Themen, die sich entwickeln, enthielten – nicht nur von John oder Jerry, auch Max Steiner zum Beispiel. Die Themata, die Max für King Kong schrieb sind einfach wundervoll. Zu dieser Art von Filmmusik fühlte ich mich natürlich immer hingezogen, das waren die Dinge, die ich liebte. Später entdeckte ich dann die atonale und leicht schräge Musik, die Jerry Goldsmith so beherrschte. Ich versuche in meiner Musik immer, die beiden Dinge zu vereinen – klare Melodien und eine gewisse Atonalität.

Werden Sie je wieder für das Fernsehen oder Videospiele die Musik schreiben?

Für das Fernsehen zu schreiben, ist extrem schwierig, das ist ein ziemlich harter Rhythmus – erst recht, wenn man nebenbei noch für Filme schreibt. Aber ich denke mal, wenn einer meiner Freunde etwas produziert, J.J. Abrams oder Damon Lindelof, wäre ich definitiv dabei. Aber konkret ist da nichts geplant. Dasselbe gilt für Videospiele: Ich habe schon viel für Medal of Honor und Call of Duty geschrieben, ich glaube kein Mensch hat mehr Zweite Weltkriegs-Musik geschrieben als ich. Daher denke ich, dass das durch ist. Ausserdem gibt es ja ganz viele talentierte Leute, die das machen. Aber auch hier – wenn ein Projekt interessant aussieht, mache ich es vielleicht.

Jetzt wo sie ihre Projekte ja ziemlich aussuchen können – gibt es irgendetwas, was sie noch unbedingt gemacht haben möchten?

Nein, nicht wirklich. Ich warte ab und sehe, was kommt. Ich jage nicht irgendwelchen Dingen nach. Und wie du sicher bemerkt hast, arbeite ich sehr gerne mit meinen Freunden – mit J.J. Abrams, Matt Reeves, Brad Bird und allen anderen Freunden bei Pixar. Ich mag das, weil es angenehm ist. Wir kennen einander und die Arbeit macht Spass, da wage ich mich nicht noch heraus und suche Dinge.

Heisst das, dass Sie beim kommenden Star Wars-Film dabei sind, bei dem ja J.J. Abrams Regie führt?

Alles was ich dir sagen kann, ist dass ich mich am meisten beim neuen Star Wars-Film darauf freue, dass es neue John Williams-Musik gibt. Ich möchte lieber einen Soundtrack von John Williams als von mir für den Streifen haben.

Dann hoffen wir mal das Beste. Können Sie uns dafür zum Schluss noch etwas über Ihre kommenden Projekte verraten?

Das nächste, was ich mache ist Jupiter Ascending mit den Wachowskis und danach Tomorrowland von Brad Bird. Auf diese Projekte freue ich mich riesig, denn das sind gute Freunde, und mit ihnen zu arbeiten wird sicher toll. Dann gibt es noch ein Film, über den ich noch nichts verraten kann. Und achja, einen Pixar-Film, da darf ich leider auch nicht mehr dazu sagen.

Also ein noch unbekanntes Projekt?

Ja.

Das klingt toll! Herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Giacchinos letzter Satz ist sicher interessant, denn die nächsten Pixar-Projekte sind ja alle vergeben – Randy Newman macht Monsters University, während sein Cousin Thomas Newman für The Good Dinosaur und vermutlich auch für Finding Dory zuständig ist. Damit bleibt nur noch The Inside Out, Dia De Los Muertes oder Teddy Newtons Regiedebüt. Zu Star Trek Into Darkness beantwortete er einige Publikumsfragen, wobei er sich sehr bemühte, nicht zu viel zu verraten. Von Benedict Cumberbatch (den er wenig überraschend als grossartigen Typ bezeichnete) sprach er nur als „the bad guy“ und hielt fest, dass er seinen Namen nicht verraten dürfe. Ausserdem erzählte er, dass er ein Thema für „eine gewisse Alien-Spezies“ schrieb, worauf natürlich ein Gelächter durch die Menge ging. Ob er damit die Klingonen bestätigt hat, zeigt sich dann am 9. Mai.

Das Konzert selber war erstklassig und erfüllte meine Erwartungen als grosser Fan des ersten Films völlig. Und als Ludwig Wicki dann noch im Enterprise-Shirt auf die Bühne trat und sein Orchester so dirigierte, war das Publikum nicht mehr zu halten. Die Standing Ovations zum Schluss waren da nur die logische Folge. Giacchino bewies zudem Spontanität, als er bei einer technischen Panne sofort auf die Bühne trat und dem Publikum in der Zwischenzeit die Möglichkeit bot, Fragen zu stellen. Im Anschluss an das Konzert gab es zudem gleich eine weitere Weltpremiere – Ludwig Wicki dirigierte exklusiv das Thema von Benedict Cumberbatchs Charakter in Star Trek Into Darkness. Dieses ist sehr vielseitig und wechselt immer wieder zwischen feinen, aber nicht minder bedrohlichen Passagen und sehr harten und lauten Stellen. Damit dürfte schon jetzt klar sein, dass J.J. Abrams mit Cumberbatch einen ziemlich vielschichtigen Bösewicht präsentieren wird – wir bleiben gespannt.

Und für die ganz Spontanen unter euch: Es gibt heute und morgen noch zwei Konzerte. Tickets findet ihr hier.

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